Der sächsische Weinskandal. Eine Abrechnung

Diese Headline ist natürlich maßlos übertrieben. Denn bei einer Abrechnung ist der Sachverhalt, der abzurechnen ist, für alle Beteiligten in vollem Umfang erledigt. Sagt jedenfalls Wikipedia.
Das Thema feierte unlängst sein einjähriges(!) Bestehen und ruft bei vielen Winzern und Weinbauern im Elbtal nur noch heftiges Augenrollen hervor. Und nicht nur dort. Denn seit meinen letzten Bemerkungen zu diesem Thema, wir erinnern uns, hat sich nicht wirklich viel dazu getan.
Gut, von behördlicher Seite rühmt man sich nun seiner strengen Kontrollen. Vermutlich der strengsten der Erde. Nein, der ganzen Milchstraße. In Sachsen schießt man gerne mal über das Ziel hinaus, in solchen Dingen.
Gut, es kamen ein paar neue Fälle dazu. Aber immerhin war es diesmal ein anderes, verbotenes Spritzmittel. Kann man als Traubenproduzent natürlich nicht ahnen, dass es sich bei Pflanzengiften um sowas wie Gifte handelt. In anderen Ländern wird das sowieso anders und lockerer gehandhabt. In Großbritannien etwa, ist ein Gift doch etwas, worüber man sich freut.
Außerdem geht von den bisher gefundenen Konzentrationen in den rund ein Dutzend beanstandeten Fällen keine direkte Gesundheitsgefährdung aus. Das muss man ganz deutlich sagen. Also, so ähnlich, als würde jemand Diethylenglykol in den Wein kippen. War da nicht mal was, vor vielen Jahren? Na, egal.
Nein, es hat sich nicht viel getan bei dem Thema. Eigentlich gar nichts. Nichts, nada, niente.
Die Behörden dürfen keine Namen nennen. Die Betroffenen wollen keine Namen nennen. Was bleibt ist der verunsicherte Weintrinker und übelgelaunte, meist unbeteiligte Winzer, die mit der Sache nichts zu tun haben, aber durch die Umstände bis zum Hals mit drinnen hängen.
Und während man sich gerade so fragt, wieso das eigentlich passieren kann, HIER SO passieren kann, kommt die Winzergenossenschaft Meißen daher. Immerhin der mit Abstand größte Erzeuger hierzulande. Und durch einen seiner Genossen Mitverursacher ganz praktisch mittendrin in der Geschichte. Und selbige liest sich dort seit August 2016 in etwa so:

Die Winzergenossenschaft Meißen beantwortet keine Fragen mehr zum Weinskandal, etwa nach der Menge der belasteten Weine und deren Entsorgung. Auch macht sie keine Angaben zur Schadenshöhe und dazu, ob sie in diesem Jahr erneut Trauben des bekannten Hauptanwenders verbotener Pflanzenschutzmittel verarbeitet hat oder stattdessen Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat. Aus dem Weinbauverband Sachsen tritt die Winzergenossenschaft rückwirkend aus.

Die komplette Chronik findet man hier, sehr schön zusammengefasst, beim mdr Sachsen.
Klar, man könnte nun meinen, die Winzergenossenschaft lässt einfach niemanden hängen. Einer gegen alle, alle für einen. Sie wissen schon. Da nagelt man doch niemanden einfach an die Wand oder das Barrique. Und das ganze Weinanbaugebiet zieht sicher ungefragt mit. Will man ganz bestimmt nichts persönlich nehmen, prokrastiniert gewisse Sachverhalte und zeigt Entscheidungsschwäche auf Weltniveau. Hat Angst Menschen auf die Füße zu treten … irgendwie … dann, ja dann, wird man doch wieder überrascht:

Wir hätten gerne über diesen ersten sächsischen 2016er-Wein der Genossenschaft berichtet, allerdings hatte unser Reporter Lars Müller „Hausverbot“ bei der Winzergenossenschaft und durfte nicht zur Pressekonferenz kommen.

Hier, wieder beim mdr Sachsen, die ganze Geschichte dazu.
So verharren wir also weiter bei: Nichts, nada, niente. Notfalls mit einer Hardcore Variante des aktiven Aussitzens. So geht sächsisch(er Wein). Offenbar. Darauf ein Glas Goldriesling. Prost. Okay, zumindest das war nur ein Scherz.



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